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Komm, wir finden einen Meerglasschatz

11. Dezember 2015

Was haben wir in Kiel am Nil für ein großes Glück. Denn wir leben hier direkt am Meer. Für mich ist das sowieso super gut, denn ich als waschechte Qualle bin ja ein professioneller Wasserbewohner. Einen der unzähligen Strände rund um Kiel an Nil zu besuchen ist für viele Familien hier das Allertollste. Und gerade in den stürmischeren Zeiten von Herbst und Winter kann es dort besonders spannend werden. Denn spätestens dann ist Schatzsuchzeit!

Ja, Ihr habt richtig gehört – Schatzsuchzeit! Und da geht es diesmal nicht um Muscheln, Steine oder gar Piratengold, sondern um Meerglas. Meerglas, das sind im Prinzip nichts mehr als bloße Glasscherben. Dennoch sind sie irgendwie magisch und wertvoll für mich, denn viele von ihnen bergen kleine Geschichten.
MG_O3 MG_O2 MG_O1Einst sind diese Scherben in Form von Flaschen oder Gläsern auf den unterschiedlichsten Wegen im Meer gelandet, dort wurden sie dann jahrelang von Sand und Salzwasser gewaschen, gerollt und gerieben. Mindestens 20 Jahre müssen sie wohl ein ausgiebiges Bad im Salzwasser genossen haben, damit das Glas diesen rauen, ganz besonderen Abrieb bekommt.

Irgendwann dann wird das Glas, meist in Form von Scherben, an den Strand gespült. Dort glitzern uns die Scherben dann in den verschiedensten Tönen, Farben und Formen entgegen und zwingen uns gerade dazu, sie einzusammeln und die Hosentaschen und Sandeimer vollzustopfen.

MG_GlasImSandMG_GlasGlitzertMG_GlasKarawaneMG_GlasVonObenMG_Alge

Dass aus Meerglas finden mehr als Zufall werden kann, das weiß Ann-Christin Wimber nur zu gut. Die Journalistin aus Barsbek ist nämlich ne richtige Meerglasexpertin und hat mit „Meerglas – Suchen, Finden, Bestimmen“ 2014 sogar ein tolles Buch darüber veröffentlicht. Vor einigen Tagen durfte ich sie in ihrem Meerglaspalast in der Nähe von Kiel am Nil besuchen, ihre Schätze bewundern und sie nach Glasgeheiminformationen befragen.

MG_AnKa1MG_AnKa2Ann-Christin hat wie wir alle schon als Kind Meerglas gesucht, aber auch Muscheln und Steine und Seeigel, halt alles, was so ein Ostseestrand so hergibt. Als sie mit ihrer Familie vor einigen Jahren in den USA im Urlaub war, besuchten sie ein Glasmuseum. Und dort entdeckte Ann-Christin das Buch „Pure Seaglass“ von einem gewissen Richard LaMotte.

„Das war so nen richtiger dicker Schinken mit wunderschönen Bildern und tollen Texten drin“, erinnert sich Ann-Christin zurück, „da dachte ich zu mir, das gibt es? Das ist ja toll. Dann habe ich das mitgenommen und mich zu Hause zum ersten Mal so richtig damit befasst. Gemerkt, dass es ja unterschiedlicher Farben gibt und Strukturen, und dann habe ich angefangen gezielt zu suchen und zu sammeln. Und: Mittlerweile sammeln auch unsere Kinder. Die haben die Schränke voll, und riesige Einweckgläser – alles voller Meerglas!“

„Also könnt Ihr überhaupt noch normal an den Strand gehen? Also so mit Spazieren gehen und Buch lesen oder so?“

Da muss Ann-Christin lachen: „Nee, tatsächlich nicht. Das geht irgendwie nicht.“

„Ist ja auch ganz schön öde, so nen Spaziergang. Finde ich!“

„Ja und ich finde, es ist tatsächlich wie Schatzsuchen. Wir machen sogar Sammel-Urlaube. Einmal im Jahr fahren wir zu unserer Schatzinsel. Und dort findet man wirklich wahre Schätze. Vor allem für die Kinder und deren Freunde ist es ganz wundervoll. Wir machen dann eigentlich nichts anderes als am Strand zu sein und zu suchen. Und wer zum Beispiel ne alte Meermurmel findet, der ist natürlich der Held!“

„OH! WAS? Eine SCHATZINSEL? Ja und wo genau ist diese Insel????“

„Mmmh. Das soll eigentlich geheim bleiben. Mmmh… ich flüstere es Dir ins Ohr..psssst!“

„Aha! Verstehe. Alles klärchen! Das bleibt unter uns. ÄHRLICH!!!! Zwinker Zwinker! Du sag mal Ann-Christin, wenn ich dann jetzt meinen Beruf als Qualle aufgeben würde, könnte ich dann vielleicht mit Meerglas Millionen machen?“

„Also Kalle, ich glaube hier in Kiel am Nil nicht. In Amerika vielleicht schon. Vor allem wenn man da die aller seltensten Scherben gefunden hat – nämlich rotes oder oranges Meerglas! In Amerika gibt es zum Beispiel die Seaglass Association, die organisieren Treffen und dort zeigen und vergleichen Sammler aus dem gaaanzen Land ihre Funde und am Ende wird dann die „Shard oft the Year“, also die „Scherbe des Jahres“ ausgewählt. Und da gibt es dann auch viele Kunsthandwerker die was aus den Sachen machen. Teuren Schmuck zum Beispiel!“
MG_MurmelMG_Kasten2MG_Kasten1 MG_Allerlei„Du Deine Schränke und Kommödchen und Kästchen sind ja voller Meerglasfunde – aber was machst Du eigentlich mit all den Schätzen?“

„Schau mal, in dieser Kommode mit den dutzenden Schubfächern allein sind alles Funde, die ich noch verbasteln will, zum Beispiel für die Seemeile in Laboe, ein Lädchen mit maritimer Handwerkskunst. Dafür bastele ich dann Dinge wie Mobiles, Tafelrahmen oder Meerglas-Boote. Denn klar, irgendwas muss ich ja auch etwas damit machen, ich habe so viele. Dabei sammle ich ja mittlerweile auch längst nicht mehr alles, und lass vieles einfach liegen…“

„Ja und das ist ja auch gut so, sonst finde ich ja gar nix mehr! Wie bestimmst Du denn eigentlich woher ein Fundstück kommt, oder was es überhaupt mal war?“

„Manchmal sehe ich das ganz schnell, manchmal aber muss ich auch länger dafür recherchieren. Auch gut ist es, mal in ein Glasmuseum zu gehen. Oder ins Kreismuseum nach Plön, dort gibt es auch eine extra Glas-Ausstellung und einmal im Jahr sogar ein Glassammlertreffen. Die sammeln aber ganze Gläser und Flaschen. Darunter sind viele Taucher, die in der Förde oder in Seen tauchen. Mit einer meiner Flaschen bin ich ins Kieler Stadtarchiv und habe mich über die Brauereien informiert. So bin ich auf die Kieler Brauerei „Zur Eiche“ gestoßen. Die gab es in Kiel von 1871 an und wurde 1939 von Berliner Kindl übernommen. Davon findet man immer mal wieder was um Kiel am Nil herum.”
MG_FlaschenMG_BraunerHals„Stimmt! Schau mal mein Flaschen-Boden ist ja dann auch von dieser Brauerei. Auf diesen Fund bin ich voll stolz. Käptn Muddi, diese Dekotante, stellt da abends immer ein Teelicht rein. Mmmh… und was ist mit meinem braunen Flaschenhals. Der mit der Nummer 3 drauf?“

„Das ist schwierig. Anhand der Mündung sieht man, dass die Flasche wohl schon maschinell hergestellt wurde. Vor der Industrialisierung nämlich wurden die Mündungen immer per Hand aufgesetzt. Und dadurch sind da so Kerben im Flaschenhals entstanden. Aber Deine Flasche hat keine Kerben. Ein paar Jahrzehnte hat die aber sicherlich auf dem Buckel. Der Flaschenhals ist sehr schmal, eine Bierflasche kann das nicht gewesen sein…“
MG_Kerze MG_Schneemann_Schrift

„Kommt denn eigentlich alles aus der Förde, was an der Förde gefunden wird, Ann-Christin?“

„Nein, ich habe hier in der Gegend auch englische und ein russisches Fundstück entdeckt. Da kann man davon ausgehen, dass das dann Leute vom Kanal kommend oder in den Kanal fahrend vom Schiff geworfen haben.“

„Und wo kann man hier in Kiel am Nil denn am allerbesten sammeln gehen?“

„Also, dieser Richard LaMotte meint, dass grundsätzlich immer Süd-Küsten die besseren Such-Küsten wären. Und Steilküsten. Und hier konkret zum Beispiel Alt-Heikendorf oder Bülk, da in der Nähe vom Leuchtturm. Und dann hängt es auch immer von Wasserstand und Wind ab.“

„Also Ebbe und davor ein hübsches kleines Stürmchen?“

„Ganz genau!“

Herzlichen Dank, liebe Ann-Christin. Ich gehe jetzt zum Strand – der erste Meerglasmillionär der Welt werden!

Mehr Infos:
Ann-Christins offizielle Homepage
www.meerglas.info

… und die Facebook-Page
www.facebook.com/Meerglas

Das Buch von Ann-Christin Wimber
Meerglas – suchen, finden, bestimmen: Strandscherbenfunde an Nord- und Ostsee

Anmerkung zu den Bildern:
Alle Bilder, die am Strand stattfinden, sowie das Teelicht-und Weihnachtswunschbild zeigen Funde von Kalle und seinem Freund Mini-O in Kiel am Nil und drumherum. Alle anderen Fotos sind im Meerglaspalast von Ann-Christin Wimer entstanden und zeigen ihre Meerglas-Funde und -kunstwerke.

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  • Avatar
    Peter 18. Dezember 2015 at 10:43

    Oh, danke!
    Wie schön, Ann-Christin Wimber einmal vorgestellt zu bekommen, und dann auch noch auf eine so charmante Weise!

    Es ist übrigens durchaus möglich, dass wir einander mal über den Weg laufen. 🙂
    https://flaschenposten.wordpress.com/2015/06/30/seeglas-das-schicksal-gescheiterter-flaschenposten/

    Einen schönen vierten Advent und gesegnete Weihnachten!

    • Käptn Muddi
      Käptn Muddi 20. Dezember 2015 at 13:28

      Hallo Peter, vielen Dank für Deine Nachricht. Das hat uns sehr gefreut.
      Eine tolle Seite, die Du da hast.
      Eine Flaschenpost schreiben und in die weite Welt versenden –
      das wäre bestimmt auch mal was für Kalle Qualle.
      Vielleicht magst Du ihm irgendwann mal dabei helfen mit Deinen tollen Tipps?
      Ebenso einen tollen vierten Advent,

      Käptn Muddi.