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Schnack mit einem Hörspielsprecher

19. November 2015

In Kiel am Nil ist vor kurzem das Kinderhörtürchen „4 im Überall“ entstanden, ein Adventskalender zum Lauschen. Grund genug für mich ein lang gehegtes Rätsel aufzulösen. Denn diese Hörspielsprecher sind ja schon ziemlich wunderlich. Schließlich sind sie so winzig, dass sie in jeden CD-Player in jedem Kinderzimmer in jedem Land dieser Erde hinein passen. Wenn sie dann aber loslegen zu sprechen, sind sie gefühlt riesig. Nicht nur weil ihre Worte plötzlich ganz doll nah sind, sondern weil sie auch allem, aber auch wirklich allem, eine Stimme verleihen können, sogar Riesen oder Baggern oder Bergen.

So habe ich mir das als weltgewandter Rabe Ruby halt immer so vorgestellt. Aber Pustekuchen. Alles ganz anders. Vor ein paar Tagen habe ich Barni getroffen. Der hat das Hörtürchen gemeinsam mit Miriam Hensel, Katharina Brutscher und Andi „Maschine“ Pooch geschrieben und gespielt. Vom ersten Wort an bis zur fertigen CD haben sie dafür ein halbes Jahr gebraucht. Die eigentliche Idee hierzu stammt von Manuela Richter, die ein wahrer Hörspiel-Fan ist und in Kiel bereits 2005 das erste Hörtürchen initiierte.
KaN_HT_BookletOffiziell heißt der Barni eigentlich Bernd Söhnel, aber so streng spricht mit ihm noch nicht mal der Weihnachtsmann. Barni wohnt in Kiel am Nil und einer seiner Berufe ist tatsächlich Sprecher. Und wisst Ihr, der ist gar nicht winzig, der ist ganz normal groß. So groß wie halt so die meisten Erwachsenen sind. Der passt also nie und nimmer in ein Radio rein. Was ist da also los? Nun Leude, ich weiß jetzt endlich Bescheid: Barni hat nämlich so ein Tonstudio. Das ist quasi ein Ort, wo Stimmen eingefangen werden. Aber nicht mit Netzen wie die von den Fördefischern, sondern mit Mikrofonen. Dann werden die Stimmen in einem Computer gesammelt und dort gemischt. Das nennt man digital.

Ein Tonstudio wie das von Barni ist also ein Ort, wo zum Beispiel all unsere Lieblings-Abzappel Musik-CDs oder unsere überalles geliebten Hörspiele entstehen. Allerdings auch so Schrecklichkeiten wie die Schlager-CDs von meinem Opa. Aber das ist ein anderes Thema. Die Vier haben sich also im Studio getroffen, die Mikros auf Aufnahme gestellt und dann so lange gespielt und gesprochen bis die Geschichte „4 im Überall“ endgültig zum Leben erweckt war. Zusäzlich hat Vincent Bockhardt den Stift geschwungen, um den Figuren ein Gesicht zu verleihen. So, jetzt schnack ich aber endlich mit Barni. Der wartet schon.

Hallo Barni. Um was geht es überhaupt beim Hörtürchen „4 im Überall“?
Kurz vor Weihnachten spielen die vier Freunde Max, Laurenz, Flo und JoJo im Schnee und finden einen Ring. Max setzt sich den einfach auf und plötzlich öffnet sich die Tür eines Raumschiffs. Darin haut Max auf einen Knopf, das Raumschiff fliegt los und zeigt den Vieren, was auf den Planeten im Überall so alles für Weihnachten hergestellt wird. Zum Beispiel Schneeflocken oder Weihnachtslieder. Es gibt auch einen Christbaumkugelplaneten und einen, wo die Weihnachtsmänner ausgebildet werden, denn es kann ja nicht nur einen geben, schließlich ist Heiligabend ja überall!

Beim Hörtürchen „4 im Überall“ bist Du ja nicht nur der Erzähler, sondern Du sprichst auch Laurenz, Spork, C-Dur, Tankwart, Oktopus und Schnargl. Aber wie geht das denn? Du hast doch nur eine Stimme?
Das hat ein wenig mit Schauspielerei zu tun. Ich habe mal ein Synchronsprecher-Seminar mitgemacht. Und die sagten da immer: „Es geht gar nicht darum, eine schöne oder außergewöhnliche Stimme zu haben, sondern Du musst Deine Stimme einsetzten, um damit eine bestimmte Figur vor dem geistigen Auge des Zuhörers zum Leben zu erwecken.“ Das also ist wohl die eigentliche Kunst beim Sprechen.
KaN_HT_AlfKaN_HT_UBootaufMischpultWie biste denn überhaupt Sprecher geworden?
In der Schulzeit war ich mit meinem besten Freund in der Theater AG. Ich fand das damals schon spannend, aber wollte eigentlich lieber Musiker werden. Was auch teilweise wahr wurde. Über die Musik und Bekannte bin ich dann wiederum zum Radio gekommen. Ich habe lange bei R.SH Sportnachrichten gesprochen, spreche Werbung, Hörspiele oder auch so was wie jetzt momentan, einen Text, der später mal in einem Planetarium zu hören sein wird.

Und hast Du auch ein paar Tricks auf Lager, wie man voll gut und einfach seine Stimme verstellen kann?
Also ein ganz einfacher Trick ist es, seine Körperhaltung zu verändern. Zum Beispiel lege ich jetzt meinen Kopf mal ganz nah auf den Hals, dann klingt meine Stimme viel gedrungener, so habe ich auch mal eine Kröte gesprochen. Du solltest also Deine Mimik und Körperhaltung verändern und Dich mit Deiner Stimmung drauf einlassen. Und: Du musst Dich ein wenig zum Kasper machen, das braucht Mut.
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Welche Deiner ganzen Sprechrollen beim Hörtürchen hat Dir am meisten Spaß gemacht?
Spork, der Bordcomputer hat Spaß gemacht, aber auch der Oktopus war eine Herausforderung. Der wurde beschrieben als achtarmiger, Oktopus-ähnlicher Kontrolleur, der blubbernd und tief spricht. Da musste ich erst mal überlegen, wie man blubbernd spricht. Blub! Blub!

Da hättest Du vielleicht mal Krake Krakauer fragen müssen, der blubbt auch den ganzen Tag herum. Du, viele mögen sich ja gar nicht selber sprechen hören? Warum ist das so und magst Du Dich eigentlich sprechen hören?
Viele Menschen hören sich nicht gerne sprechen, weil ihre Stimme übers Innenohr ganz anders klingt, als die, die man aufzeichnet und dann übers Außenohr hört. Und das ist einem vielleicht erst mal fremd. Ich selbst habe mich im Laufe der Jahre daran gewöhnt.

Was war bisher Deine allertollste Sprechrolle überhaupt und welche die aller dööfste?
Ha! Da muss ich überlegen…Also einer der schönsten Rollen, oder genauer gesagt, Geschichten, die ich sprechen durfte, war für die Kinderlieder-CD „Kleine Helden im Wald“ von Matthias Meyer Göllner. An die erinnere ich mich noch heute sehr gerne, das ist schon fast zehn Jahre her. Da musste ich viele Tiere sprechen, ein Wildschwein, eine Wächterameise, ein Eichhörnchen, ein Uhu und so weiter. Und am liebsten habe ich die kleine Ameise gesprochen, die zu dem großen Wildschwein sagt: „Die Königin ist für niemanden zu sprechen!“

(Jetzt spricht Barni, der eigentlich eher eine tiefe, ruhige Stimme hat, ganz soll piepsig und aufgeregt und ich muss voll loslachen, aber Barni findet das ok)

Nicht doof, aber tierisch anstrengend war eine Synchronsprecherarbeit für ein Internetspiel. Da musste ich vier verschiedene Rollen sprechen, und eine war so ein durchgeknallter Zwerg, der sich gegen fleischfressende Pflanzen wehren musste.

Was ist denn eigentlich wenn sich einer verspricht oder voll los lacht beim Einsprechen?
Das ist gar nicht schlimm. Das wird wiederholt und dann hilft mir der Computer ganz einfach beim Korrigieren.

Apropos Computer, jetzt hier mal zu Deinem tollen Tonstudio – für was sind denn eigentlich all diese Knöpfe und wieso sind das denn sooooooooo viele?
Das was Du hier siehst ist ein digitales Mischpult, das hat eigentlich gar nicht sooo viele Knöpfe. Und wenn Du hier einen Kanal bedienen kannst, dann kannst Du alle bedienen! Für das Hörtürchen hatten wir vier Mikrofone auf, und somit hast Du vier Tonspuren, die Du aufnehmen musst, also habe ich 1-2-3-4 Kanäle offen.

AHA! Was ist denn Dein Lieblingsknopf auf diesem Mischpult?
Na der Aus-Knopf, wenn ich abends fertig bin.

Achso! (Dass sich Erwachsene immer so auf ihren Feierabend freuen… Ich dreh ja abends nochmal doppelt so auf. Wer hat schon Lust zu schlafen???)

KaN_HT_Mischmikro KaN_HT_MusikstudioWie läuft das eigentlich mit diesen Soundeffekten, also diesen besonderen Geräuschen, die es bei so einem Hörspiel wie „4 im Überall“ halt so gibt, sind die von Euch?
Also ein paar haben wir selber gemacht – andere darf man sich von Datenbanken im Internet nehmen. Ich habe zum Beispiel hier und da bei den Stimmen kleine Änderungen vorgenommen – also höher oder tiefer, mit Echo, Schall und so was. Und das Geklimper von Professor C-Dur, mit diesem mini Klavier hier. (Barni zückt ein Puppen-Klavier vom Regal und spielt die bunten Tasten rauf und runter)

Steht in so einem Hörspieltext eigentlich drin, „Jetzt musst Du lachen, husten oder rölpsen, Barni“ – oder macht Ihr das alles so wie Ihr denkt?
Nein, es gibt in dem Text so ganz kleine Regieanweisungen, Klammer auf – lächelt– Klammer zu, Klammer auf – Hüstel Hüstel – Klammer zu. Oder es gibt zur Figur eine spezielle Charakterbeschreibung, wie z.B. beim Hörtürchen der Professor C-Dur – ein zerzauster, zerstreuter Professor. Und dann muss das der Sprecher umsetzen.

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  Könntest Du bei so Aufnahmen eigentlich auch heimlich was anderes sagen, was da nicht steht? Oder einfach Deine Familie grüßen oder gibt es bei den Aufnahmen jemanden, der da voll aufpasst?
Ja klar! Da gibt es normalerweise eine sogenannte Dialogregie. Und die achtet ganz genau da drauf, dass der Text nicht nur richtig gesprochen, sondern auch gespielt wird. Beim Hörtürchen hat das Manu Richter übernommen, sie hat uns zugehört und uns Einsätze gegeben.

Würdest Du auch gerne mal ins Überall?
Schon lange bevor ich diese Geschichte mit schreiben durfte, habe ich immer gesagt, wenn hier in Kiel am Nil mal ein Raumschiff landet, dann steige ich sofort ein. Bin halt auch voll total der Star Trek Fan! Aber jetzt, wo ich Papa von zwei kleinen Kindern bin, muss ich darüber noch mal nachdenken.

Du Barni, sag mal ehrlich, wenn ich jetzt im Dezember einfach ein paar Folgen vom Hörtürchen an einem Tag auf einmal höre, kommt dann der Weihnachtsmann früher?
Ich glaube ja, denn der Weihnachtsmann sieht alles. Allerdings kommt der dann und nimmt Dir Deine CD wieder weg… Denn wie bei jedem Adventskalender heißt es: immer nur ein Türchen am Tag!

OH! OK! MMH. Ja klar, für mich ist das äh ja auch super voll logisch. Nee, haha, ich frage ja nur für Kalle, der wollte das wissen. DANKE Barni, dass ich hier sein durfte!

Und Ihr da draußen in Kiel am Nil könnt jetzt beschenkt werden, mit einer von zwei Hörtürchen Doppel-CDs. Hier geht’s zu unserem Geschenkspiel:

Wer nicht so lange warten mag: Ihr könnt Euch die CD natürlich auch selbst kofen.
In Kieler Lädchen wie Frau Beta, MUM&DAD & Höhenflug oder direkt auf www.hoertuerchen.de .
Dort erwartet Euch auch ein Kapitel zum Reinhören!

 

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